Manifest
Besonders betroffen sind von dieser Entwicklung, die seit je im Verdacht des Linksintellektualismus stehenden Geistes- und GesellschaftswissenschaftlerInnen. Die von ihnen vorgebrachten Sympathiebekundungen mit den "Entrechteten" und "Zu-Kurz-Gekommenen" der postindustriellen Gesellschaft schienen immer wieder darauf zu verweisen, dass sie noch am ehesten gewillt waren, den herrschenden Verhältnissen Paroli zu bieten.
Ein Blick hinter die Kulissen zeigt allerdings anderes als die Vorbereitung einer adäquaten Reaktion. Es bietet sich vielmehr das Bild einer intellektuellen Boheme, die den vergangenen Freuden des Daseins auf dem heimischen Futon nachtrauert, und die sich fast widerspruchslos, ebenso wie ein Großteil der Bevölkerung, mit dem Piepton ihres Weckers in den Zeittakt der Postmoderne eingegliedert hat. Selbst ihre üblicherweise gepflegten Berührungsängste gegenüber ihren "Untersuchungsobjekten" lösen sich im einträchtigen Zusammensein in den Fluren und Gängen von Sozial- und Arbeitsämtern auf. Manch eine/r dieser Akademiker besinnt sich dann recht widerstrebend auf seine/ihre Ausbildung – die Fähigkeit, selbstständig arbeiten zu sollen – und versucht sein/ihr "Schicksal" selbst in die Hand zu nehmen.
Neben dem Anbieten seiner/ihrer Fähigkeiten an bestimmte Arbeitsgeber bleibt auch die Möglichkeit, diese Fähigkeiten in entsprechender Verpackung und mit entsprechenden Inhalten in eigener Regie und unter eigenem Copyright auf dem freien Markt feil zu bieten. Hier kann sich dann zeigen, was die genossene Ausbildung wirklich wert war, und ob der/die Anbieter/in für diese Ausbildung auch wirklich geeignet war (Wettbewerb ist in diesem System nämlich überall). Damit könnte sich dann erstmalig für die Linksintellektuellen die Chance ergeben, aktiv an gesellschaftlichen Prozessen mitzugestalten. Und zwar nicht wie bisher üblich aus einem diffusen, höheren Werte symbolisierenden Interesse heraus, wie etwa Aufklärung, Wahrheit oder gar Revolution, sondern aus einem eigenen, existentiell bestimmten Interesse heraus, den eigenen Lebensumständen.
Aus einer solchen, den eigenen Bedürfnissen und Interessen gemäßen Vorgehensweise heraus wurde 1988 das ifak (Intitut für angewandte Kulturforschung e.V.) gegründet. Entsprechend den vielfältigen Interessen und Bedürfnissen seiner Mitglieder sind die Arbeitsschwerpunkte des ifak breit gefächert. Das Institut steht dabei anderen Organisationen und Institutionenn keineswegs ablehnend gegenüber, ganz im Gegenteil., es versucht immer mit anderen zu kooperieren, sofern die inhaltlichen und politischen Rahmenbedingungen nicht allzu sehr divergieren. U.E. kann eine sinnvolle Arbeit in bestimmten Themenbereichen nur dann stattfinden, wenn sowohl arbeitsteilig vorgegangen wird, so wie auch ein Informations- und Wissensaustausch möglich ist.
Das ifak legt besonderen Wert darauf, dass die Arbeitsergebnisse von transparenter Qualität sind und weniger durch ihren ideologischen Gehalt auffallen. Ob diese Art der Wissensproduktion und Wissensvermarktung in der heutigen Gesellschaft Chancen besitzt oder letztlich zum "Ausverkauf der Seelen" der Beteiligten führen wird, dies bleibt abzuwarten. Solange das IfaK aber in der Lage bleibt, Dialogen offen zu begegnen und selbst Dialoge anzubieten, kann es eine Alternative für die bisherige Form der Wissensaufarbeitung und Wissensdarstellung sein.
Kontaktadresse: Institut für angewandte Kulturforschung e.V.
Roland Drubig, Ortrud Krickau, Holger Martens